„Wenn eine Erzählung in sich selber stockt, dann stockt einem auch der Atem. Und das sind Momente einer ganz merkwürdigen Bewußtlosigkeit. Man ist nicht mehr ganz bei sich, man verliert die Sache, nicht nur aus den Augen, sondern auch aus dem Kopf, hält den Atem an und erstickt förmlich dran.“ (Peter Härtling)
Für ihn war Schreiben wie Atmen. Das einstige Kriegskind Peter Härtling suchte und fand in den Figuren seiner Bücher immer wieder neue Gefährten – oft Randständige, Außenseiter, die ihm zu lebenslangen Begleitern wurden. Härtling brauchte sie. Schrieb sie sich zur Seite. Ohne sie ging es nicht. Doch mitunter geriet er beim Schreiben an das Ende seiner Kraft. Dann stockte ihm der Atem, sein Körper rebelliert, er ging sich verloren. Bis er sich wieder fand. Atmend, schreibend. Bis zuletzt.
Schon während ich an Härtlings Biographie („Vielleicht ein Narr wie ich“, KiWi 2006) schrieb, hatte ich erfahren müssen, wie der engagierte Autor hochsensibler Literatur und Lyrik über Hölderlin, Schubert und Schumann ins Taumeln geriet. Mit der nötigen Distanz habe ich Jahre später mit Peter Härtling noch einmal über all die Grenzerfahrungen gesprochen, die er durchstehen musste, um ihn nicht zu verlieren: den „Atem der Worte“.
Peter Härtling starb 83jährig am 10. Juli 2017. Anlässlich seines zweiten Todestages will ich ihn wieder hörbar machen. Er fehlt.